VCM – Vorbereitung zur Einführung und potenzielle Vorgehensweise zur Umsetzung
05.11.2019 - Norbert Schenk
Wenn man VCM in die Praxis umsetzen will, stellt sich die Frage, wie man das am besten tut bzw. was dabei (bei der Einführung) zu berücksichtigen ist. Dieser Beitrag enthält hierzu einige Empfehlungen, Hinweise, Anregungen und Denkanstöße, die in den folgenden Punkten erläutert werden.
Zunächst einmal stellen sich bspw. grundsätzliche Fragen zu den Themen „Aufbau eines Prozessmodells“, „Darstellung von Prozessen und deren Bewertung“, sowie „Festlegung einer standardisierten Vorgehensweise zur Projektbearbeitung“. Weiterhin sollte man sich mit den Fragen beschäftigen, wie man die Mitarbeitenden im Vorfeld der Umsetzung bzw. Einführung informiert, und schließlich, wie man an die Bearbeitung der ersten Prozesse und Projekte herangeht („Go live“).
Punkt 1: Aufbau eines Prozessmodells mit Prozesshierarchie
Jedes Unternehmen muss sich zunächst sein eigens Prozessmodell erarbeiten. Hierzu gehört die Darstellung der Geschäftsprozesse und der Prozessarchitektur. Das Prozessmodell sollte möglichst anschaulich visualisiert werden, so dass es für alle Mitarbeitenden einfach zu verstehen ist. Das entsprechende Modell sollte einen guten Überblick über die Geschäftsprozesse und deren Unterprozesse liefern bzw. bereitstellen.
Dabei müssen nicht gleich alle Prozesse von Anfang an „sofort im Detail“ beschrieben werden. Grundsätzlich kann man hierbei im Rahmen einer „Top-Down-Strategie“ schrittweise vorgehen. D.h. man schaut sich zunächst die „großen“ bzw. „groben“ Geschäftsprozesse an (und beschreibt diese im Modell) und verzweigt dann in Abhängigkeit der aktuellen Rahmenbedingungen schrittweise und stufenweise in die entsprechenden Unterprozesse (und beschreibt diese im Modell). Hierbei ist man prinzipiell frei, in welchen Unternehmensbereichen mit der Beschreibung der Prozesse gestartet wird.
Als Basis könnten hier bspw. auch ggf. bereits verfügbare Qualitätsmanagement-Handbücher oder Prozessbeschreibungs-Handbücher dienen. In einem ersten Schritt könnte überprüft werden, ob diese Prozesse noch aktuell sind, bzw. so im Tagesgeschäft „gelebt“ werden wie sie dokumentiert sind (hier sind wahrscheinlich schon einige „Überraschungen“ zu erleben). Wenn ja, dann könnten sie entsprechend im Modell berücksichtigt (dokumentiert) werden. Sollte dies nicht der Fall sein, dann könnten die Prozesse zwar grundsätzlich auch im Modell hinzufügt (dokumentiert) werden, jedoch mit entsprechenden Hinweisen, dass der Prozess „ggf. noch überarbeitet“ werden muss. Wenn man das auf diese Weise für alle „bereits dokumentierten Prozesse“ durchführt, bekommt man wahrscheinlich bereits einen „guten ersten“ Gesamteindruck über die „Prozessqualität“ im Unternehmen.
Punkt 2: Darstellung von Prozessen und deren Bewertung
Es sollte überlegt werden, wie die Prozesse und deren Qualität dokumentiert und dargestellt (visualisiert) werden sollen. Hierbei gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten (bspw. „Prozessablaufdiagramme“, „Balanced Scorecards“, „Dashboards“) und IT-Anwendungen (bspw. „BPM-Systeme“, „BI-Systeme“). Der Markt bietet hierzu ein umfangreiches Angebot in den unterschiedlichsten Ausbaustufen.
Ein wichtiger Bestandteil des VCM-Konzeptes ist die kontinuierliche Bewertung von Prozessen im Rahmen von regelmäßigen Bewertungsrunden. Um eine über die Zeitschiene vergleichbare Bewertung durchführen zu können, benötigt man entsprechende Bewertungsverfahren und Bewertungskriterien. Diese sollten vor Beginn der ersten Bewertungsrunde festgelegt und als Standard für zukünftige Bewertungsrunden zu Grunde gelegt werden.
Bei der Darstellung der Prozess-Bewertungsergebnisse bietet es sich bspw. an, für jedes Einzel-Bewertungskriterium eine Kennzahl in Form einer „Note“ zu ermitteln, welche die Güte der Prozess-Qualität (bzw. Prozess-Leistungsfähigkeit) darstellt. Um wichtige Zusatzinformationen zum Prozess hinterlegen zu können, sollte es möglich sein, für jeden Prozess (bei Bedarf) individuelle textliche Bemerkungen in einem Textfeld hinzuzufügen. Weiterhin sind Informationen über den Grad der Beeinflussung von etwaigen anderen (wesentlichen) Prozessen auf den zu bewertenden Prozess zu berücksichtigen und entsprechend zu analysieren und zu dokumentieren.
Idealerweise sollte die Visualisierung der Prozessqualität bzw. -bewertung in Form von kompakten und übersichtlichen Darstellungen der entsprechenden Bewertungskennzahlen (KPI) realisiert werden (bspw. über „moderne Dashboards“), um schnell und einfach, einen Gesamt-Überblick über die Prozessqualität der Prozesse zu bekommen. Dies kann im Rahmen der Unternehmenssteuerung dem Management helfen, weitere Entscheidungen hinsichtlich der Prioritätenvergabe für die Analyse und Umsetzung von potenziellen Optimierungsmaßnahmen von Prozessen zu treffen. Idealerweise sollte das Management jederzeit die Möglichkeit haben, einen Überblick („in Echtzeit“) über die aktuelle Prozessbewertung der verschiedenen Prozesse zu erhalten (bspw. über entsprechend „moderne IT-Werkzeuge“).
Punkt 3: Festlegung einer standardisierten Vorgehensweise für die Projektbearbeitung
Um die unterschiedlichen Aufgaben, welche im Rahmen des VCM zu bearbeiten sind, effektiv und effizient durchführen zu können, sollten hierfür Regeln und Vorgaben bzw. Standards entwickelt werden. Ziel ist es, einen standardisierten Ablauf für alle durchzuführenden Maßnahmen und Projekte zu erstellen, welcher eine effiziente Abarbeitung der Arbeitspakete garantiert. Dabei sollte beachtet werden, dass unabhängig von den jeweils beteiligten Personen (bspw. über die verschiedenen Projektteams), mit den gleichen Werkzeugen und auf die gleiche Art und Weise gearbeitet wird. Durchzuführende Dokumentationen sollten bspw. mit Hilfe von standardisierten Vorlagen („Templates“) erstellt werden können. Weiterhin sollte ein einheitliches Prozessbewertungsschema, sowie eine einheitliche Prozessvisualisierung einschl. der Visualisierung von Kennzahlen verwendet werden. Die entsprechenden Werkzeuge und Standards zur Vorgehensweise sowie notwendige Vorlagen sollten im Vorfeld der Einführung definiert bzw. erstellt werden.
Es bietet sich bspw. an, diese „Standards“ in Form eines „Handbuchs“ festzulegen und zu dokumentieren. Hierbei könnte es sich (insbesondere am Anfang) auch zunächst nur um einen „einfachen“ Leitfaden handeln, in welchem die „wesentlichen Dinge“ (kurze Erläuterungen), sowie entsprechende Vorlagen (Templates mit Beschreibung hinsichtlich Handhabung) dokumentiert sind. Bei Bedarf könnte diese Dokumentation dann nach und nach erweitertet und „perfektioniert“ werden.
Sollte es geplant sein, dass neue IT-Anwendungen eingesetzt werden sollen, dann sollten im Vorfeld entsprechende Schulungen berücksichtigt werden. Sie sollten frühzeitig geplant und durchgeführt werden, damit sichergestellt wird, dass die Mitarbeitenden die neuen IT-Anwendungen sicher beherrschen.
Punkt 4: Einbinden der Mitarbeitenden im Vorfeld der Umsetzung bzw. Einführung
Vor der Umsetzung des VCM-Ansatzes sollten die Mitarbeitenden über das Vorhaben informiert werden. Sie sollten einen Überblick über die Philosophie des Ansatzes und dessen vermeintliche Auswirkung auf das Tagesgeschäft erhalten. Da sie zukünftig verstärkt als potenzielle Projektmitglieder aktiv in unterschiedlichen Projekten eingebunden sein könnten, sollten sie entsprechend darüber informiert werden. Die Mitarbeitenden werden wesentliche Informationen (Input) zu den Prozessabläufen liefern können. Damit spielen sie eine wichtige Rolle im Gesamtprozess und haben einen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen zur Umsetzung des VCM-Ansatzes.
Es bietet sich bspw. an, die entsprechenden Einführungs-Informationen stufenweise über die verschiedenen Managementebenen „herunterzubrechen“. Hierbei könnten verschiedene Informationsveranstaltung (Inhouse-Seminare und Workshops) für die unterschiedlichen Zielgruppen veranstaltet werden. Diese Informationsveranstaltungen könnten dann jeweils inhaltlich differenziert, der jeweiligen Zielgruppe angepasst werden. Ein weiterer Vorteil dieser Herangehensweise wäre, dass man nach solchen Informationsveranstaltungen bereits erste hilfreiche Feedbacks von den Teilnehmern zu dem Vorhaben erhält, die wichtig für die Umsetzung sein könnten. Hierbei sollte man dann stets ein „offenes Ohr“ haben.
Punkt 5: Go live – Bearbeiten der ersten Prozesse und Projekte
In den meisten Unternehmen wird es so sein, dass man bereits „aus dem Bauch“ heraus weiß bzw. vermutet in welchen Prozessen es „immer wieder bzw. noch“ Probleme gibt. Dieses Wissen bzw. „Gefühl“ könnte bspw. genutzt werden, um am Anfang geeignete Prozesse zu identifizieren die „vermutlich“ ein hohes Optimierungspotenzial haben. D.h. nun nicht, dass man sich bei VCM nur auf sein „Bauchgefühl“ verlassen sollte – VCM sollte natürlich objektiv und strukturiert die Prozesse analysieren und bewerten – aber es könnte am Anfang hilfreich sein, um einen geeigneten Einstieg zu finden.
Falls es solche Prozesse gibt, dann sollte man sich diese mit entsprechender Priorität anschauen und abschätzen, wie hoch der „vermutliche“ Aufwand für eine Optimierung sein könnte. Sollte man unter diesen Prozessen solche finden, bei denen man tendenziell mit einem geringen Aufwand eine Optimierung erzielen könnte, dann sollten diese über eine entsprechend strukturierte und objektive Vorgehensweise weiter untersucht werden. Sollte sich nach einer objektiven Bewertung herausstellen, dass die Vermutung wirklich (also auch „objektiv“) zutrifft, dann sollte die entsprechende Optimierung „zügig“ umgesetzt werden. Auf diese Art und Weise könnten bspw. insbesondere am Anfang der Einführung, Projekte mit „schnellem Erfolg“ umgesetzt werden (sog. „Quick Wins“). Das kann bei der Einführung des VCM-Ansatzes helfen, um die Organisation, Teams und Mitarbeitenden zu motivieren, diesen weiterhin zu unterstützen.
Man sollte am Anfang nicht unbedingt mit den komplizierten bzw. komplexen Prozessen starten, sondern zunächst mit kleineren bzw. einfacheren Prozessen „üben“. Insbesondere bei Unternehmen bei denen ein vermeintliches „Silodenken“ noch stark verinnerlicht ist, könnte es zunächst etwas Zeit benötigen, um sich an die neue „Arbeitsweise“ mit „Prozessorientierter Sichtweise“ zu gewöhnen. Dabei sollte man die Organisation nicht „überfordern“. Man sollte hierbei versuchen, „ein Gefühl für das Machbare“ zu entwickeln. Allerdings sollte auch allen Beteiligten klar sein, dass der Ansatz konsequent umgesetzt werden wird – auch wenn das für die ein oder andere Person ein Umdenken erfordert (unabhängig von Hierarchie, Alter oder Dauer der Betriebszugehörigkeit). Evtl. wird hierbei dann auch „etwas Eskalationsmanagement“ gefragt sein.
Bei Fragen zu den Themen können Sie mich gerne unverbindlich kontaktieren. Auch weitere Anregungen bzw. Erfahrungsaustausche zu den Themen sind gerne willkommen.
Der Titel des nächsten Beitrags lautet:
„VCM – Organisationsstrukturen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten“