Beitrag Nr. 24


Digitale Zusammenarbeit – Process Mining

07.04.2020 - Norbert Schenk

 

Um die verschiedenen Arbeitsprozesse zu unterstützen, setzt heutzutage fast jedes Unternehmen IT-Systeme ein. Insbesondere für die Kernprozesse werden hierfür häufig entsprechende ERP-Systeme eingesetzt. Die Abarbeitung von Prozess-Schritten muss hierbei in der Regel in einer strukturierten Abfolge durchgeführt werden, die vom ERP-System vorgegeben wird, um „ideale Ergebnisse“ zu erzielen. Die Definition von „idealen Ergebnissen“ wird im Rahmen der Prozessgestaltung im Vorfeld von den potenziellen Anwendern definiert. D.h. vor Einführung eines ERP-Systems werden die entsprechenden Prozesse analysiert und so gestaltet, dass sie mit dem zukünftigen ERP-System abgearbeitet werden können. In der Praxis kommt es dann aber häufig vor, dass bestimmte Prozess-Schritte doch nicht in der vorgegebenen Reihenfolge bzw. unter Verwendung der entsprechenden IT-Systeme ausgeführt werden. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Als Folge derartiger Abweichungen sind die erreichten Ergebnisse häufig nicht mehr als „ideal“ zu bezeichnen. Dies kann sich dann bspw. in einer Verschlechterung der Prozessqualität äußern (fehlende bzw. falsche Informationen, Erhöhung der Prozessdurchlaufzeiten etc.), was in der Regel grundsätzlich zu einer Erhöhung der Kosten führt. Auf Grund der Vielzahl an Arbeitsprozessen, die mit Hilfe von ERP-Systemen bearbeitet werden, ist es sehr schwierig, herauszufinden, ob es solche Prozessabweichungen gibt und an welchen Stellen des Prozessablaufs. Ebenso schwierig ist es, den vermeintlichen Schaden zu bewerten.

 

An dieser Stelle setzen sogenannte „Process-Mining Systeme“ an. Sie nutzen die Tatsache, dass jeder Arbeitsschritt in einem ERP-System (aber auch in anderen IT-Systemen) in der Regel vom System im Hintergrund dokumentiert wird. Jede Aktion hinterlässt „digitale Spuren“ und ist mit einem sogenannten „Zeitstempel“ registriert und dokumentiert. Über diesen Zeitstempel kann analysiert werden, wann welche Aktion im System durchgeführt wurde. Auf dieser Basis kann ein Process-Mining System den Prozessablauf rekonstruieren und darstellen. Die Analyse und Rekonstruktion des Prozessablaufs erfolgen hierbei annähernd in Echtzeit.

 

Die Darstellungsform erfolgt in der Regel mit Hilfe von Prozessablaufdiagrammen, die die einzelnen Prozess-Schritte darstellen bzw. visualisieren. Hierbei werden umfangreiche Informationen zur Verfügung gestellt, wie bspw. Anzahl der Nutzung von einzelnen Prozess-Schritten oder Dauer der Bearbeitung von einzelnen Prozess-Schritten. Über verschiedene Analysemöglichkeiten kann der Prozess hinsichtlich unterschiedlichster Fragestellungen untersucht werden. Die Systeme bieten eine graphische Benutzeroberfläche, die einfach und intuitiv zu bedienen ist. Somit ist jede IT-affine Person in der Lage die entsprechenden Analysen durchzuführen. Eine Unterstützung durch die IT-Abteilung ist nicht mehr (zwangsweise) notwendig. Somit werden auch Anwender aus Fachabteilungen in die Lage versetzt, selbständig entsprechende Analysen durchzuführen („Self-Service-IT“).

 

Mit dieser Technik ist es möglich, den in der Theorie erstellten (bzw. vorgegebenen) Prozessablauf mit dem Prozessablauf in der täglichen Praxis zu vergleichen. Damit können Abweichungen transparent gemacht und analysiert werden. Man kann herausfinden welche Prozesse aus welchen Gründen nicht so funktionieren wie gewünscht. Auf Basis der Analyse kann der Prozessablauf ggf. optimiert werden, bzw. andere Maßnahmen eingeleitet werden, die eine Einhaltung des Prozessablaufs sicherstellen.

 

Die Technik kann auch angewendet werden, um die Prozessabläufe im jeweiligen IT-System grundsätzlich transparent zu machen. Somit können wichtige Einblicke über die Prozess- bzw. Betriebsabläufe gewonnen werden, selbst „versteckte“ Prozesse können entdeckt werden.

 

Diese Technik eröffnet natürlich enorme Prozess-Optimierungspotenziale entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Prozesse können einfach analysiert werden. Aus den Ergebnissen derartiger Analyse lassen sich wichtige Erkenntnisse für eine Optimierung bzw. Harmonisierung von Prozessen ableiten. Auch Abweichungen hinsichtlich Compliance-Anforderungen lassen sich aufdecken. Damit ergibt sich bspw. das Potenzial, über einen kontinuierlichen Analyse- und Optimierungsprozess, „Best-Practice-Prozesse“ für die verschiedenen Bereiche zu erarbeiten. Bei größeren Unternehmen, die über verschiedene Standorte verteilt sind, können diese jeweils als „Blaupause“ auf die jeweiligen Standorte übertragen werden und können somit für eine Harmonisierung und Standardisierung von Prozessen sorgen.

 

Diese Technik wird zukünftig wahrscheinlich auch eine Auswirkung auf den Einsatz von „großen Beratertruppen“ zur Analyse von internen Prozessen haben. Deren Einsatz könnte in Zukunft bei dem ein oder anderen Projekt in diesem Umfang nicht mehr notwendig sein.

 

Bei Fragen zu den Themen können Sie mich gerne unverbindlich kontaktieren. Auch weitere Anregungen bzw. Erfahrungsaustausche zu den Themen sind gerne willkommen.

 

 Der Titel des nächsten Beitrags lautet:

 

Digitale Zusammenarbeit – Business Intelligence, moderne Datenauswertung, Dashboards“